Die Entwicklung der Filmemoker
Martin Hermann erzählt:
Schon sehr früh entdeckte ich mein Talent im Zeichnen. Am liebsten mit Bleistift in „Schwarz-Weiß“. Und wo in dieser Zeit die „BRAVO-Starschnitte“ so beliebt waren, ich aber keine Lust zum sammeln hatte, habe ich mir selber welche gemalt, mit allen Figuren aus Entenhausen, in „Lebensgröße“.
Da war ich mächtig stolz drauf, schließlich haben auch alle meine Freunde ziemlich gestaunt. Mein Opa förderte mein Talent so gut er konnte, d.h. er schenkte mir zum Beispiel einen richtigen Öl-Malkasten mit Leinwänden und edlen Pinseln. Das war so mit 7 oder 8 Jahren.
Zu dieser Zeit habe ich auch ein Fotoapparat von meinem Opa geschenkt bekommen, eine Ausklapp-Balgenkamera von Agfa für Rollfilme. Damit habe ich meine ersten Fotos gemacht. Das Schlüsselerlebnis in Sachen Film war ein kleiner Plastik-Filmprojektor kurz vor Weihnachten in einem Kaufhaus. Er war vorführbereit aufgebaut, mit einem weißen Papphintergrund als Leinwand, auf der man ein Standbild aus einem Micky-Maus Film sehen konnte. Als ich an der Kurbel des Projektors drehte begann das Bild zu leben. Ich war hin und weg. Sowas musste ich unbedingt haben! „Duuuu, Opa …?“
Ich war 9, als ich auf dem Dachboden meiner Eltern eine alte Akustik-Gitarre fand. Es waren nur 3 Saiten drauf, aber ich hab sie kaum noch aus der Hand gelegt. Es sind bestimmt einige Wochen vergangen, bis ich gemerkt hab, dass man Saiten auch nachkaufen kann. Die gab es hier bei „Buchbinder Meyer“. Dann hab ich geübt, und geübt, und geübt ….
Und als ich meinen Eltern erklären konnte, dass man mit einer Super-8 Filmkamera ja auch die Urlaube und Verwandtschafts – Besuche filmen könnte, habe ich auch eine solche bekommen. Eine Revue für 89,- DM von Quelle. Dann fing ich an zu Filmen, zu Schneiden und später zu Vertonen. Damals haben mein Bruder Uwe und ich sehr viel Zeit mit dem Vertonen von gekürzten Spielfilmen verbracht. Das hat richtig Spaß gemacht, Regen wurde mit trockenen Erbsen gemacht, Düsenjets mit einem Fön. So haben wir Arnold-Klassikern wie „Dr. Cyclops“ oder „Tarantula“ einen völlig neuen Sound verpasst.
Mit 12 wollte ich eine E-Gitarre. „Die steht nach 2 Wochen ja doch in der Ecke rum“ war das Argument, warum ich keine haben sollte. Schließlich habe ich dann aber doch eine bekommen, eine „Audition“ von Hertie (!) für 118,- DM Später, zur Konfirmation, habe ich mir dann meine erste Strat-Kopie und einen billigen Verstärker gekauft.
Lange hat es nicht gedauert, bis ich in einer Band gespielt hatte. Ich glaube mit 15 gründeten ein paar Freunde aus der Schule und ich die Band „Schröder“ (Nein, nicht Schröder Roadshow – die kamen später und deshalb benannten wir uns auch um). Mit diesen und weiteren Freunden drehten wir damals spektakuläre Super 8 Streifen wie „Im Schatten der Galaxis“ (mit 13) oder „Ren Kane – Beschützer der Galaxis“ (mit 15). Das war damals für uns Schüler ganz schön teuer! Wollte man mit Ton drehen, so hat die Kassette mit ca. 3 Minuten Laufzeit ca. 20 ,-DM gekostet. Heute bekommt man für 20€ eine 32 Gigabyte-Speicherkarte, die eine Kapazität von etwa 2½ Stunden hat und die man beliebig oft überspielen kann.
Das ging damals nicht! Belichtet ist belichtet! So ist das bei Film, aber so lernt man auch genau zu planen und sorgfältig zu filmen, eben nicht „einfach drauf los“, denn das wird teuer! Filmen war damals allerdings für mich nur ein nettes Hobby nebenbei. Die Gitarre war das wichtigste in meinem Leben.
Anfang der 80er begann ich mit dem Aufbau eines Tonstudios. Anfangs nur mit zwei Tapedecks im „PingPong-Recording“ Verfahren. Mehrspurmaschinen waren unerschwinglich, aber auf diese Art und Weise lernte ich bereits wie man „Multitrack“ Aufnahmen macht. Später kam ein einfacher 4-Spur Recorder, dann eine Teac 80-8, ein Spulenmonster! Nachdem ich dann nach längerer Arbeitslosigkeit wieder einen festen Job hatte, verhalf mir ein Kleinkredit zu einer Fostex B-16, eine professionelle 16-Spur Maschine. Damit habe ich sehr viele Demoaufnahmen für alle möglichen Bands hier aus der Gegend gemacht. Das Studio ist im Laufe der Jahre immer mehr gewachsen und professioneller geworden.
Zwischenzeitlich habe ich auch mit der damals aktuellen Videotechnik beschäftigt, eine klobige Röhrenkamera mit Umhängerecorder war alles andere als praktisch und die Bildqualität war bestenfalls bei Tageslicht akzeptabel! Gänzlich habe ich die Lust an Videotechnik verloren als ich versuchte meine Aufnahmen zu schneiden. Vom Super-8 Film war ich es gewohnt Einzelbildweise schneiden zu können, bei Video war das ein Glücksspiel. Schnitt bedeutete einfaches Überspielen auf einem anderen Videorecorder, natürlich mit extremen Qualitätsverlusten. So verlor ich sehr schnell den Spaß am Videofilmen und konzentrierte mich wieder ausschließlich auf meine Musik bzw. auf mein Studio. Bei Aufnahmen für „The Tossed“, einer Rockband aus Sulingen, hatte der Sänger einen Grundig-Schultercamcorder dabei, mit der er die Studioarbeit dokumentierte. Dieses Gerät faszinierte mich, so eine Bildqualität hatte ich bei selbstgedrehten Videos noch nicht gesehen. Nur 2 oder 3 Tage später kaufte ich mir eine kleine Sony Video 8 Handycam, seitdem bin ich wieder vom Filmemachen infiziert. Damals dachte ich schon über ein Computer-Schnittsystem nach, einen Atari hatte ich für Sequenzerprogrammierung im Tonstudio. Es müsste doch möglich sein so etwas für Videodaten zu entwickeln um Einzelbild-genau schneiden zu können …
Das gab es damals schon, aber nur im professionellen Bereich zu 5- und 6stelligen Beträgen.
Im Jahr 1994 kam dann die kleine Revolution! Erstmals gab es eine Echtzeit-Videoschnittkarte für den Commodore Amiga, ich war damals großer Amiga Fan. Zu dieser Zeit begann ich mich mit 3d-Raytracingprogrammen zu beschäftigen. Animationen zu erstellen. Die V-Lab Motion konnte nicht nur Videos bearbeiten, ich war damit auch erstmals in der Lage meine Computeranimationen in guter Qualität auf Video auszugeben. Nur ein Jahr später kam dann die Idee einen Film zu machen, die vorhandene Technik so weit es ging zu nutzen, und auch Animationen einzubauen. Das musste natürlich ein Science-Fiction Film werden! Und als Michael und ich dann eines Tages meine neuesten Animationen begutachteten, wir uns einig waren, wir drehen einen Film fingen wir an zu spinnen: Wir müssen etwas Bekanntes nehmen, und das dann parodieren. Ok, da ist als erstes Star Trek – Raumschiff Enterprise: Kirk wird Käpten Kork – jo, geil! Pille wird Pulle, nur am Saufen! – jepp, weiter! Mister Spock wird Herr Spick – vom Bremer Vulkan … Gegröhle … Chekov … hmmm. Klingt wie Chefkoch … ok, nehmen wir erstmal. Scotty? Schrotty, der Dorfschmied!
Aber als Michael dann mit der genialsten Idee überhaupt rausrückte: „ und alln´t op Plattdüütsch“ lagen wir am Boden und lachten Tränen!
Jaa, geil, geil, geil!!! Machen wir!!! Eine unserer Lieblingsbeschäftigungen war es, witzige Plattdeutsche Wörter zu entdecken. Wie z.B. Huulbessen – Staubsauger! So eine geniale Übersetzung… Heulbesen! Einfach witzig. Oder Apparatspott – Einkochtopf. So sollte unser Raumschiff heißen! Und dass man ganz einfach auch selber tolle Plattdeutsche Wörter kreieren kann, spornte uns noch weiter an unser Plattdeutsches Imperium zu erfinden.
„Bannich Lichtstrohlflink“ „Ruum Tied Gerangel“ oder auch Zitate aus dem Original: „Strohl mie rup, Schrotty“ zeigten, es funktioniert!
So entstand von 1996 – 1999 ganz ungezwungen und ohne jeglichen Druck „De Apparatspott – ick hepp keene Lust mehr hier ünnen“ Dass daraus wirklich ein Film geworden ist, ist reiner Zufall! 2 billige Video-8 Kameras, einen Amiga 4000 mit V-Lab Motion Karte, (so ziemlich das erste bezahlbare nonlineare Schnittsystem für den „Nichtprofi“), mehr hatten wir nicht. Mehr brauchten wir aber auch nicht! Es war niemals unsere Absicht das fertige Werk der großen Welt vorzustellen! Also musste es auch nicht perfekt werden, Hauptsache war, es wurde lustig!
Als dann die letzte Szene zu AP1 am Sulinger Stadtsee gedreht wurde, kam zufällig ein alter Bekannter von mir vorbei. „Bubi“ Gnuschke, früher Schlagzeuger bei „Dickmelk“, eine Sulinger Jazz-Kapelle die schon seit Jahren nicht mehr existiert. Als Musiker kennt man sich, und so kamen wir schnell ins Gespräch, was wir denn hier machen würden …
Und vor allem, wo man den Film denn später sehen könnte. Ich glaube, hier habe ich dann zum ersten Mal geäußert, dass man ja eventuell eine Aufführung im Sulinger Jugendzentrum machen könnte. Falls genug Interessenten zusammenkämen.
Bubi erzählte mir von seiner Schwester, die bei der Kreiszeitung arbeitet. Er gab mir ihre Telefonnummer mit dem Hinweis sie würde einen Artikel für die Zeitung schreiben.
Dieser Artikel kam kurz vor der AP1-Aufführung und hat eine Lawine ausgelöst! Das Jugendzentrum war brechend voll! Wir mussten kurzfristig entscheiden, um 23:00 Uhr noch eine Spätvorstellung zu machen. Das konnten wir nicht glauben, dass so viele Menschen unseren Film sehen wollten! Die Resonanz war überwältigend! Von da an war unser Apparatspott ein Selbstläufer! Immer mehr wurde über uns berichtet, Radiosender kamen, und später TV-Teams der verschiedensten Sender und Sendungen …
Es hörte nicht auf, der Film wurde immer öfter aufgeführt und unsere Fangemeinde entstand. Ich hatte nicht das beste Gefühl bei Kinoaufführungen, so eine schlechte Bildqualität; auf der großen Leinwand sah es nicht besonders gut aus. War ja auch eigentlich nur für uns, für's Wohnzimmer gedacht. Aber das machte scheinbar alles nichts, das Publikum war jedes Mal begeistert. Deshalb beschlossen wir eine Fortsetzung zu drehen. Aber nicht, wie beim ersten Film mit grottenschlechter Technik, sondern so gut es eben möglich ist. Die Filmemoker GbR wurde gegründet, bessere Technik wurde angeschafft und ein Drehbuch wurde geschrieben. Das hatten wir für Teil 1 zwar auch schon, da haben wir es mit der Umsetzung aber nicht so genau genommen und gerne auch mal spontan was geändert oder improvisiert.
Bei „Gerangel in Ruum un Tied“ haben wir uns sehr genau ans Drehbuch gehalten, nicht zuletzt weil wir nicht mehr chronologisch gearbeitet haben. Da ist es sehr gefährlich noch Teile zu ändern oder umzuschreiben. Und erstmals hatten wir im 2. Film auch ein paar Gaststars! Gerlind und Falko, die wir bei einem Auftritt in „Talk up Platt“ kennen gelernt haben, sagten sofort zu. Überhaupt muss man sagen, dass Gerlind und Falko uns immer sehr unterstützt haben, und uns großen Mut gemacht haben den Apparatspott weiter zu entwickeln!
Kerstin Kromminga, damals Moderatorin bei Bremen 4, spielte ebenfalls eine Gastrolle. Bei Armin Maiwald, der einen „Erklärcomputer“ vertonte, war es schon schwieriger. Nicht weil er es nicht wollte, sondern weil die Rechte an seiner Stimme dem WDR gehören; er hat sich extra für uns eine Genehmigung geholt. Und hier waren wir schon mittendrin in unsere erste, wirklich aufwändige Filmproduktion.
Dass das Nachfolgeprojekt so viel aufwändiger und teurer werden sollte konnte damals noch niemand ahnen. Details und Einzelheiten dazu würden den Umfang dieser Webseite sprengen, aber wenn ich mich jetzt so zurück erinnere denke ich, es musste alles so kommen.
Und wir sind selber sehr gespannt, wohin die Wege der Filmemoker GbR uns noch führen werden.